Mehrgenerationen-Unternehmen sind Firmen, die seit mehreren Generationen Bestand haben oder es sind Firmen, die von mehreren Generationen gleichzeitig geführt werden (oder beides zusammen). Mit beiden Aspekten sind spannende Fragen verbunden: Welche Voraussetzungen brauchen Firmen, dass Sie sich über mehrere Generationen hinweg erfolgreich entwickeln — und wie gelingt es, dass zwei Generationen miteinander eine Firma erfolgreich führen?
Ein Familienunternehmen, das über mehrere Generationen entwickelt und geführt wurde und wird, fasziniert. Die Firma hat eine reiche Geschichte, die unter Umständen viele Jahrzehnte umfasst. Damit diese Entwicklung über Generationen hinweg gelingt, braucht es bestimmte Voraussetzungen. Ich möchte auf vier Aspekte eingehen, die die Entwicklung einer Firma über die lange Frist hinweg begünstigen können.
Bewusstsein für Tradition
Ein wertvolles Gut stellt das Bewusstsein dar, woher man kommt und wohin die gemeinsame Reise hingeht. Es geht dabei um einen gemeinsamen Sinn, einen Gemeinsinn, aus dem ein für die Familie stimmiger übergeordneter Auftrag abgeleitet werden kann. Dies können kulturelle Werte sein, eine Rezeptur oder eine Marke. Wichtig ist, dass es ein emotionales Gut ist, für das es sich lohnt einen Teil seiner Lebenszeit dafür zu investieren.
Tradition muss wandelbar sein, damit sie langfristig überlebt und für das Unternehmen wertvoll bleibt. Wichtig ist auch, dass es sich um ein emotionales Gut handelt.
Tradition in diesem Sinne interpretiert, verbindet, motiviert und ist sinnstiftend. Tradition muss weder verstaubt sein, noch bedeuten, dass etwas veraltet ist. Im Gegenteil — auch Traditionen müssen über die Zeit hinweg innoviert werden und dem jeweiligen Zeitgeist adäquat angepasst werden, um langfristig überleben zu können. Es ist sozusagen eine wandelbare Tradition.
Nähe und Distanz
Wie in jeder Beziehung gilt es auch innerhalb von Mehrgenerationen-Unternehmen eine Balance zu finden zwischen Nähe und Distanz. Die Distanz ist wichtig, um immer wieder einen — auch kritischen — Blick einzunehmen, einerseits auf das grosse Ganze und um sich zu fragen, was gut ist für das Unternehmen. Distanz kann den Blick öffnen und den Horizont weiten und kann so auch fruchtbarer Boden sein für neue Ideen, für Inspiration und Impulse. Gleichzeitig hilft eine gewisse Distanz auch, bei sich zu bleiben und die eigenen Bedürfnisse, Erwartungen und Wünsche bewusst wahrzunehmen und wenn nötig, zu thematisieren.
Gleichermassen wichtig — gerade in Familienunternehmen — ist auch Nähe. Nähe zwischen den Familienmitgliedern und auch innerhalb der Firma bedeutet Vertrauen und Wärme. Nähe ist eine Ressource, eine Kraftquelle und Vertrauen ist die Voraussetzung für einen geschützten Raum, in dem Neues kreiert, gedacht und dann eben auch umgesetzt wird.
Wenn es gelingt, eine gute Balance zu finden zwischen Nähe und Distanz, d.h. eine gesunde Autonomie und Unabhängigkeit zu bewahren und gleichzeitig mit dem Ursprung (Gemeinsinn, Tradition) verbunden zu bleiben, kann viel produktive Energie entstehen.
Verhaltenskodex: wofür wir stehen und wie wir es umsetzen
Spiel- und Verhaltensregeln sind eine weitere Rahmenbedingung, die die Entwicklung einer Firma über mehrere Generationen hinweg begünstigt. Man spricht in diesem Zusammenhang von einem “Code of Conduct” (Verhaltenskodex). Es geht dabei um ein Bewusstsein, wofür man als Familie steht und wie man sich dafür einsetzen möchte. Wenn diesbezüglich Klarheit da ist, kann auch eine “Linie” gewährleistet werden bei der Familien-Unternehmens-Kultur und beim individuellen Verhalten.
Die Kultur und Verhaltensregeln sind kein enges Korsett. Sie sind ein stabiler Kern, an dem man sich orientieren kann. Um sie weiterzugeben, muss man sie vorleben und erlebbar machen.
Diese Spielregeln gilt es vorzuleben und bewusst weiterzugeben. Allerdings: gemeint ist damit nicht ein enges Korsett, sondern vielmehr ein stabiler Kern, an dem ein junger Mensch andocken und sich darauf basierend entfalten kann.
Ein solches Bewusstsein für die Kultur, Verhaltens- und Spielregeln entwickelt sich nicht von heute auf morgen und kann auch nicht alleine über ein schriftliches Dokument wie einer Charta vermittelt werden. Es braucht Zeit und Engagement, um diese Werte zu pflegen und vor allem erlebbar zu machen. Das bedeutet Arbeit, die aber im Ergebnis mit Stolz verbunden werden kann und darf.
Familien- und Eignerstrategie
Gerade in Unternehmerfamilien, die sich über mehrere Generationen entwickelt haben, ist der massgebliche Teil des Familienvermögens im unternehmerischen Kontext gebunden. Wenn das Ziel verfolgt wird, weiterhin primär ins Unternehmen zu investieren, dann sind Spielregeln notwendig, welche die Einkommen- Dividenden- und Kapitalstrategien regeln.
Die Kernfrage lautet dabei: Wie kann sichergestellt werden, dass die Familienmitglieder finanziell über die Runde kommen, ohne dabei das Unternehmen auszuhöhlen? Um diese Frage zu beantworten, muss in einem ersten Schritt geklärt werden, was im Zentrum steht: “Family-First” oder “Business-First”? Relevant ist auch Klarheit zu haben, ob jedes Familienmitglied seinen Lebensunterhalt und damit verbunden auch seinen Lebensstil in Verbindung oder unabhängig von der heutigen oder morgigen Eigentümer-Rolle zu finanzieren hat oder nicht.
Je mehr Generationen bereits involviert waren, desto höher ist die Bereitschaft, dies auch in Zukunft wieder so zu ermöglichen.
Der langfristige Fortbestand von Unternehmen über mehrere Generationen hinaus ist keine Selbstverständlichkeit. Untersuchungen zeigen: Je mehr Generationen bereits involviert waren, desto höher ist die Bereitschaft, dies auch in Zukunft wieder so zu ermöglichen. Damit dies gelingt, müssen sich die Unternehmergenerationen rechtzeitig mit den oben ausgeführten Punkten auseinandersetzen.
Wenn zwei Generationen die Firma führen
Ein weiterer spannender Aspekt — sowohl bei Familienunternehmen, die bereits in der x‑ten Generation von der Familie geführt werden, wie auch bei jungen KMU — sind Führungsmodelle, bei denen zwei Generationen gleichzeitig und miteinander führen. Wie es gelingt, dass zwei Generationen miteinander erfolgreich eine Firma führen, mit dieser Frage beschäftigen wir uns im Blogbeitrag 37, den wir in den kommenden Wochen publizieren.
Auf unserer Plattform finden Sie weiterführende Unterlagen. Unter anderem empfehlen wir Ihnen folgende Beiträge.
- Dossier: KMU Führungsnachfolge (Schrift Nr. 11)
- Wie bleibt ein Familienvermögen über Generationen erhalten? Prof. Dr. Thomas Zellweger im Gespräch zum Thema “Family Strategy”
- Blog 37: Wenn verschiedene Generationen gemeinsam die Firma führen
Im Download-Center stellen wir Ihnen diverse Unterlagen und Arbeitsblätter kostenlos zur Verfügung.
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