Es gehört zum guten Ton, in der heutigen Zeit den Kindern bezüglich ihrer beruflichen Karriere die Wahlfreiheit zu überlassen. Es lohnt sich deshalb ein genauer Blick auf die Frage.
Claudia Buchmann und Géraldine Meier
Der individuelle Entscheid der Kinder, ob sie eine familieninterne Unternehmensnachfolge (FBO) realisieren möchten oder nicht, wird von unterschiedlichen Ebenen geprägt: von Familie, Gesellschaft, individuellen Motiven und Bedürfnissen – und vom zu übernehmenden Unternehmen.
Entsprechend schwierig ist es für die Betroffenen, die eine Entscheidung zu treffen. Hat sich da in den letzten Jahren etwas verändert? Dieser Frage ging Géraldine Meier im Rahmen ihrer Bachelorarbeit nach und hat die Erkenntnisse im Zeitvergleich diskutiert. Auch wenn Vieles noch immer ähnlich gehalten wird, es gibt trotzdem einzelne Aspekte, die sich verändert haben.
Auf der Ebene der «Familie» konnte festgestellt werden, dass die heutigen Unternehmer-Eltern auf ihre Kinder weniger Druck bezügliche einer Nachfolge ausüben, als es bei ihnen noch der Fall war. Dies bedeutet, dass Kinder zunehmend einen eigenen Weg gehen. In der Praxis könnte folglich die spannende Frage auftauchen, wie mit «Quereinsteigern» umgegangen werden kann, falls zu einem späteren Zeitpunkt aus der Freiwilligkeit heraus die Lust am Familienunternehmen doch noch hervortritt.
Auf der Ebene der «Gesellschaft» ist ersichtlich, dass Beruf und Familie in einem familiengeführten Unternehmen nach wie vor als etwas nur schwer zu Trennendes angesehen wird. Es gilt vor dem Hintergrund des Bedürfnisses nach einer ausgewogenen «Work-Life-Balance» oft als Grund, der gegen einen FBO spricht. In der Praxis könnte die Frage spannend werden, ob die «Team-Nachfolge» als Lösungsansatz interessant werden könnte. Wir meinen hier eine Zunahme bereits zu erkennen.
Auf der Ebene der «individuellen Motive und Bedürfnisse» sind es vorwiegend der Wunsch nach beruflicher Flexibilität und nach einem individuellen Weg, die einem FBO im Weg stehen. Im Weiteren spielt der Wunsch der jungen Generation nach örtlicher Flexibilität eine grosse Rolle. Auch hier könnte mit dem Blick in die Praxis die Frage spannend werden, ob man als Arbeitgeber eben gerade Einfluss auf die Gestaltung dieser Frage nehmen kann und zusätzlich die Digitalisierung zu ganz neuen Möglichkeiten führt.
Was tun, wenn die Übergeber- und Nachfolge-Generation vor diesen Fragen stehen?
Es gilt im gemeinsamen Gespräch die unterschiedlichen Bedürfnisse und Erwartungen zu klären und miteinander nach Lösungen zu suchen. Beispielsweise wie dem Bedürfnis nach örtlicher Flexibilität vor Antritt einer Position im Familienunternehmen mit Reisen oder sog. «Lehr- und Wanderjahren» in anderen Betrieben und Regionen genüge getan könnte. Oder wie die eigene Arbeit so organisiert werden kann, dass gewisse Ortswechsel in die Berufsausübung integriert werden können.
Eine offene Gesprächskultur – gleich zu Beginn weg – wird sich auch für den weiteren Nachfolgeprozess auszahlen. Ängste und Befürchtungen müssen besprochen werden!