Blog 11: Weg von der „Rasier-Spiegel-Governance“

Beim Unter­neh­mer­typus „Ich bin die Firma“ beobachte ich eine erfolg­reiche und sehr effiziente „Rasier-Spiegel-Gover­nance“. Diese «kurzen Wege», diese produk­tiven Verhal­tens­muster sind im Kontext der Kleinst- und Klein­un­ter­nehmen richtig und wichtig – solange es nicht um die Nachfol­ge­re­gelung geht! Insbe­sondere wenn das Ziel verfolgt wird, im Sinne eines Entwick­lungs­pro­zesses – die Firma im Zeitraum an neue Eigen­tümer, wie zum Beispiel Kinder oder Mitar­bei­tende, zu übergeben, kann die tradierte „Rasier-Spiegel-Gover­nance“ hinderlich sein.

Ein Unter­nehmer einer Ich-AG kann um 06.00 Uhr am Morgen beim Rasieren sinnbildlich mit sich selbst die General­ver­sammlung, Verwal­tungs­rats­sitzung und Geschäfts­lei­tungs­sitzung durch­führen. Vielleicht geht er dann noch von der Annahme aus, dass die Mitar­bei­tenden dann um 07.00 Uhr auch gleich noch automa­tisch wissen, was die Aufgaben sind. Aus der Perspektive von Trans­ak­ti­ons­kosten ist dies ausge­sprochen effizient und effektiv und zudem einer der wesent­lichen kompa­ra­tiven Vorteile von Kleinst- und Klein­un­ter­nehmen gegenüber «grossen» Firmen.

Gerade im Rahmen von famili­en­in­ternen Nachfol­ge­re­ge­lungen und Management Buy Outs wird der Zeitraum genutzt, um die nächste Generation an das Unter­nehmen heran­zu­führen und in die Entschei­dungs­fin­dungs­pro­zesse einzu­binden. Gremien wie Geschäfts­leitung und Verwal­tungsrat sind wunderbare Gefässe, um junge Menschen an die neuen Positionen und Aufgaben, und damit an die Verant­wortung, heran­zu­führen – so die Empfehlung.

Im Kern handelt es sich aber um funda­mentale Verän­de­rungen von Verhal­tens­mu­stern. Diese Verän­de­rungen sind anspruchsvoll. Einge­spielte Routinen werden abrupt verändert – und genau das ist nicht einfach. Routine gibt Sicherheit und das Gefühl von (Selbst)Vertrauen. Man(n) muss nicht studieren – rasieren kann Mann auch im Schlaf. Eigentlich habe viele der Unter­nehmer das schon erlebt – aber es geht vielleicht auch vergessen. Bei der Geburt des ersten Kindes wurde vor x Jahren die eigene Routine am Morgen auch unplanbar, neu und anders.

Nicht nur Struk­turen, sondern auch Prozesse: Wichtig sind deshalb nicht nur die Gover­nance-Struk­turen. Entscheidend ist das Einüben von neuen Gover­nance-Prozessen; das heisst, das Verändern von Verhal­tens­mu­stern. Und dies gelingt nur mit Üben, Üben und nochmals Üben. Dies ist, wie wenn Simon Ammann neu mit dem linken (oder rechten) Fuss landen will. Und dies am Schluss erfolg­reich im Wettkampf – wo es um den letzten Meter geht! Auch er ist am Üben mit inten­siver Unter­stützung durch einen externen Trainer, gepaart mit einer grossen Portion Selbst­auf­merk­samkeit. Gleich­zeitig ist dies nochmals eine neue Heraus­for­derung, die bewusst gesucht werden kann.

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