Die Finanzierung einer Unternehmensnachfolge ist eine Herausforderung. Um den Kauf eines KMU zu finanzieren und allfällige Finanzierungslücken zu schliessen, gibt es verschiedene Möglichkeiten (siehe Blog 25). Welche Möglichkeiten gibt es aber in Situationen, bei denen die Bankfinanzierung erschwert wird, weil z.B. hohe Investitionen anstehen, das KMU einen laufenden Covid-19-Kredit hat oder bei Finanzierungen mit verschiedenen Geldgebern zusammenarbeitet?
Bei einer Unternehmensnachfolge können die Übernehmenden den Kaufpreis selten vollständig aus eigenen Mitteln finanzieren, insbesondere dann nicht, wenn die Firma von leitenden Angestellten (MBO / Management-Buy-Out) übernommen oder extern an Dritte verkauft wird (MBI / Management-Buy-In). Meistens braucht es einen Bankkredit. Ein solcher Kredit ist von der Ertragskraft des Unternehmens, der Kaufpreishöhe, vom Eigenkapital und von der Fachkompetenz der Nachfolger oder des Nachfolgers abhängig. Wenn die eigenen Mittel und ein Bankkredit nicht ausreichen, kann ein Verkäuferdarlehen die Finanzierungslücke füllen.
Keine Nachfolge gleicht der anderen. Das gilt auch für die Finanzierung: jede Unternehmensnachfolge wird auf ihre Art finanziert. Die Beurteilungskriterien für eine Bankfinanzierung sind aber jeweils dieselben. Deren Schwerpunkte können aber variieren.
In der Regel ist es so, dass eine Bankfinanzierung innert 4 bis 6 Jahren aus den operativen Mitteln (Cash Flow) des zu übernehmenden Unternehmens vollständig zurückbezahlt werden muss. Während dieser Zeit sind auch die Zinsen für die Bankfinanzierung daraus zu decken. Das funktioniert in den meisten Fällen so, dass die Nachfolger die künftig zu erwirtschafteten Gewinne praktisch zu 100% als Dividenden beziehen müssen. Mit diesen Dividendeneinnahmen werden die Zinsen und Reduktionen der Bankfinanzierung bezahlt.
Nun gibt es aber Situationen, die eine Bankfinanzierung erschweren und als Folge davon eine Nachfolgefinanzierung noch herausfordernder gestalten. Einige Situationen werden in der Praxis regelmässig angetroffen. Wir werden sie in diesem Blog-Beitrag näher betrachten:
- Laufender Covid-19-Kredit
- Ausserordentliche Investitionen
- Mehrere Fremdkapitalgeber
KMU mit laufendem Covid-19-Kredit
Von März 2020 bis Ende Juli 2022 konnten Unternehmen rückzahlbare Covid-19-Kredite beantragen, um ihre Liquiditätsbedürfnisse während der ersten Monate der Covid-19-Epidemie sicherzustellen. Dabei konnten Bankkredite aufgenommen werden, die durch einer vom Bund anerkannten Bürgschaftsorganisation verbürgt wurden. Damals wurden insgesamt rund 138’000 solcher Kredite mit einem totalen Kreditvolumen von CHF 17 Milliarden gewährt.
So lange ein Unternehmen einen Covid-Kredit benutzt, darf es keine Darlehensgewährung an nahestehende Personen und keine Ausschüttung der Dividende vornehmen.
Thomas Gisselbrecht, Rechtsanwalt
Von dieser Möglichkeit haben auch Unternehmen Gebrauch gemacht, die damals in einem Nachfolgeprozess standen oder danach einen solchen Prozess initiiert haben. Es ist wichtig zu wissen, dass während der Dauer eines Covid-19-Kredites Dividenden aus dem Unternehmen verboten sind (Art. 2, Absatz 2 Covid-19-SBüG). Diese Kreditbestimmung war damals vielen Inhabern nicht oder zu wenig bewusst, mussten sie doch innert sehr kurzer Zeit handeln und ihre Existenz sichern bzw. diejenige des Unternehmens. Ähnlich verhält es sich, wenn sogenannte Härtefallgelder bezogen wurden. Ein sogenanntes Dividendenverbot gilt jedoch befristet. Dabei ist die jeweilige kantonale Regelung zu konsultieren.
Im Kontext von Nachfolgefinanzierungen bedeutet dies, dass eine Bankfinanzierung nicht durch künftige Dividenden (Gewinne) finanziert werden kann, weil Dividenden nicht erlaubt sind. Eine klassische Nachfolgefinanzierung kann somit nicht gewährt werden.
Der Kaufpreis der Aktien, die im Zuge einer Nachfolgeregelung übergeben werden, wird vom Käufer oft über mehrere Jahre hinweg bezahlt. In der Regel nimmt der Käufer diesen Kaufpreis aus der Dividende der Unternehmung. Das ist derzeit nicht möglich für Firmen, die sich ab März 2020 in einen Nachfolgeprozess begeben haben und einen laufenden Covid-Kredit haben.
Thomas Gisselbrecht, Rechtsanwalt
Wenn bei einem Unternehmen mit einer bevorstehenden Nachfolgeregelung ein Covid-19-Kredit besteht, können folgende Optionen als Lösungsmöglichkeiten geprüft werden:
- Privat- anstatt Holdingübernahme: Wenn es die Übernahmestruktur (konkret Privatübernahme anstatt Holdingstruktur) zulässt, soll die Rückführung nicht durch die Auszahlung von künftigen Gewinnen, also Dividenden, sondern durch Lohnbezüge der Nachfolger (Löhne, Boni, etc.) finanziert werden. Selbstverständlich sind die (steuer-)rechtlichen Rahmenbedingungen im Einzelfall zu prüfen sowie die Vor- und Nachteile gegenüberzustellen.
- Covid-19-Kredit zurückzahlen: Bei vollständiger Rückzahlung und Kündigung des Covid-19-Kredits entfällt auch das Dividendenverbot. Somit kann eine klassische Nachfolgefinanzierung in Betracht gezogen und vereinbart werden. Bei dieser Option ist sicherzustellen, dass das Unternehmen nach Rückzahlung des Covid-Kredits weiterhin über ausreichend Liquidität verfügt, um das operative Geschäft zu finanzieren.
- Covid-19-Kredit umschulden: Eine weitere Option besteht darin, den Covid-19-Kredit durch eine normale Bankfinanzierung zu ersetzen. Dies kommt auch einer Rückzahlung des Covid-Kredits gleich. Ein solcher Bankkredit ist jedoch im Gegensatz zum verbürgten Covid-Kredit — der bis CHF 500’000 zu 0% verzinst wird — teurer, was die Gesamtfinanzierungskosten und Abhängigkeit zur Bank erhöht. Aber auch die Risiken für eine Bank steigen, weil keine Bürgschaft besteht.
Solange Covid-Kredite bestehen oder die entsprechende Frist bei Härtefallgelder nicht abgelaufen ist, sind Nachfolgefinanzierungen erschwert umsetzbar, sofern sie aus Dividendeneinnahmen finanziert werden sollen, die von der Firma generiert werden, die übernommen wird.
Es stehen ausserordentliche Investitionen an
Eine weitere Situation, welche die Nachfolgefinanzierung durch eine Bank erschweren kann, liegt vor, wenn Unternehmen in den letzten Jahren vor der Übergabe Ersatzinvestitionen vernachlässigen oder diese hinauszögern. Gründe dafür können sein, dass höhere Gewinne bzw. Cash Flows erwirtschaftet oder bestimmte Investitionsentscheide den Nachfolgern überlassen werden sollen. Als Käufer eines solchen KMU stellt sich dabei die Frage, ob damit ein Investitionsstau bzw. ein grosser, ausserordentlicher Investitionsnachholbedarf besteht. Dies führt dazu, dass das Unternehmen mit den künftig zu erwirtschaftenden Gewinne mehr als nur die Ersatzinvestitionen zu tragen hat. Somit stehen auch weniger Mittel für die Verzinsung und Rückzahlung der Nachfolgefinanzierung zur Verfügung. Dasselbe gilt auch, wenn das Unternehmen bzw. die Nachfolger stark wachsen wollen und dafür z.B. in neue, zusätzliche Maschinen investieren.
Wenn es nebst der Nachfolgefinanzierung auch Spielraum für Investitionen braucht, ist es ist wichtig, dass anstehende Investitionen sowie die Gründe dafür frühzeitig und transparent mit der Bank thematisiert werden.
Daniele Ruggeri, Finanzierungsexperte
In einem solchen Fall wird sich die Bank intensiver mit der möglichen Höhe der Bankfinanzierung auseinandersetzen. Dabei wird sie sich mit der Käuferschaft einigen müssen, welcher Anteil der erwirtschafteten Mittel (Cash Flow) für die (Wachstums-)Investitionen und welcher für die Kreditrückzahlung verwendet werden soll. Dies ist einfacher gesagt als getan. Eine Bank möchte ja nicht diejenige Partei sein, welche das Unternehmen in der künftigen Entwicklung hindert. Dennoch soll eine für beide Seiten vertretbare Lösung gefunden werden. Das kann durchaus in einem Kompromiss resultieren.
Um in einer solchen Situation vorbereitet zu sein, sollte sich die Käuferschaft frühzeitig mit den wirklich notwendigen Ersatzinvestitionen auseinanderzusetzen und sich folgende Fragen beantworten:
- Welches sind die Ersatzinvestitionen der kommenden Jahre?
- Welche dieser Investitionen sind wirklich notwendig (Muss-Investitionen) und welche sind nicht zwingend und sozuagen “nice to have” (Kann-Investitionen)?
- Welche Investitionen sind nur für ein gewünschtes Wachstum nötig?
Die Antworten auf diese Fragen sind eine gute Basis für das Gespräch mit der Bank, um für alle Parteien bei den gegebenen Rahmenbedingungen eine sinnvolle und vertretbare Lösung zu finden.
Wenn es mehrere Fremdkapitalgeber gibt
KMU einer gewissen Grösse pflegen oftmals Beziehungen zu mehreren Banken, teils aus historischen, teils aus strategischen Überlegungen. Vielfach verfügt das KMU bei diesen Banken jeweils über individuelle Kreditlimiten zur Deckung der operativen Finanzierungsbedürfnissen. Es gibt also mehrere Fremdkapitalgeber.
Nachfolgefinanzierungen sind in der Regel so ausgestaltet, dass der Bankkredit den Nachfolgerinnen oder den Nachfolgern (Privatpersonen oder einer Holding) gewährt wird (und nicht dem KMU selber) und der Kredit aus künftigen Gewinnen des Unternehmens finanziert wird. Ohne anderslautende Vereinbarung steht ein solcher Bankkredit in Konkurrenz zu den übrigen Kreditlimiten/Kreditgebern auf operativer Stufe des Unternehmens.
Hinzu kommt, dass den Kreditlimiten des Unternehmens operative Cash Flows gegenüberstehen, die (in der Regel) täglich anfallen. Bei Übernahmefinanzierungen stehen Dividendeneinnahmen gegenüber, die normalerweise nur einmal im Jahr eingehen. Da die Cash Flows nur einmal anfallen und mit diesen Mitteln die gesamte Verschuldung zu tragen ist (operative Verschuldung und Nachfolgefinanzierung), schränken die operativen Kreditlimiten die mögliche, zusätzliche Verschuldung für die Nachfolgefinanzierung ein. Wie nun geht man mit einer solchen Situation um?
Bei einfachen und reduzierten Bankbeziehungen kann eher ein schlankes Kreditvertragswerk ausgearbeitet werden, welches das Unternehmen nicht zu stark einschränkt.
Daniele Ruggeri, Finanzierungsexperte
Die Bank, welche die Nachfolgelösung finanziert, kann die bestehenden operativen Kreditlimiten akzeptieren und dem KMU die absolute Freiheit lassen, was mit diesen Limiten künftig passieren darf (u.a. Ausweitung, zusätzliche Bank(limite), etc.). Dies ist jedoch die Ausnahme. In der Regel verlangt die finanzierende Bank eine der folgenden Szenarien:
- die Kreditlimiten müssen bei der finanzierenden Bank konzentriert werden und die Bank wird damit zur alleinkreditgebenden Bank des KMU,
- die Kreditlimiten müssen angepasst (reduziert) werden und / oder
- die Höhe der Fremdlimiten werden eingeschränkt.
Eine weitere Möglichkeit ist, dass das KMU mit der Bank eine maximale Verschuldung vereinbart, die auf einen bestimmten, wiederkehrenden Stichtag einzuhalten ist (ein sogenannter Financial Covenant). Ähnlich verhält es sich, wenn weitere Fremdkapitalgeber (Nichtbanken) dem KMU Darlehen gewährt haben (z.B. Aktionäre, Geschäftspartner). Im Kontext einer Nachfolgefinanzierung kann sich deshalb eine Vereinfachung und Konsolidierung der Bankenbeziehungen lohnen.
Schlussfolgerungen
Die Finanzierung von Unternehmensnachfolgen ist in der Regel allein schon eine grosse Herausforderung. Wenn Spezialsituationen vorliegen, wie oben aufgeführt, erschwert das die Finanzierung zusätzlich.
Die erwähnten Situationen sind nicht abschliessend und jede Nachfolge ist individuell zu betrachten. Wenn im Rahmen von Nachfolgeregelungen eine Bankfinanzierung aufgenommen werden soll, ist so früh wie möglich das Gespräch mit der Bank zu suchen. Damit ist sichergestellt, dass die Käuferschaft und die Bank sich frühzeitig gegenseitig informieren und dabei ihre Vorstellungen und Möglichkeiten von Anfang an darlegen können. Zudem können auch die dafür nötigen Voraussetzungen und Erwartungen besprochen werden.
Für alle, die sich vertieft mit dem Thema “KMU Nachfolge und Finanzierung” auseinandersetzen möchten, haben wir folgende Inhalte aufbereitet:
- Thomas Gisselbrecht im Gespräch: Wie Covid-Kredite die Finanzierung von Nachfolgelösungen beeinflussen
- Daniele Ruggeri im Gespräch: KMU Unternehmensbewertung – das Wichtigste in Kürze
- Bundesgesetz über Kredite mit Solidarbürgschaft infolge des Coronavirus (Covid-19-Solidarbürgschaftsgesetz, Covid-19-SBüG)
- Download Schrift 09 — Finanzierung
- Blog 25: Möglichkeiten und Grenzen der Nachfolgefinanzierung
Im Download-Center finden Sie zudem unter dem Schlagwort “Transaktionskosten” ergänzende Arbeitsblätter.
Fotonachweis: Shutterstock
ÜBER DANIELE RUGGERI
Daniele Ruggeri ist langjähriges Kadermitglied der Zürcher Kantonalbank und verfügt über grosse Erfahrung in der Finanzierung von KMU. Er war viele Jahre als Firmenkundenbetreuer von KMU tätig. Sein heutiges Kernthema ist die Begleitung und Finanzierung von Nachfolgelösungen von KMU. Als Dozent an verschiedenen Weiterbildungsinstituten gibt er sein theoretisches und praktisches Wissen zum Thema Nachfolgefinanzierungen weiter.