Blog 38: Die Vorteile einer Team-Nachfolge — und was es braucht, damit ein Nachfolge-Team nachhaltig erfolgreich ist

Wenn wir Nachfol­ge­pro­zesse begleiten, begegnen wir zunehmend der „Team-Nachfolge“: zwei oder mehr Personen treten gemeinsam die Führungs- und Eigen­tums­nach­folge in einem Unter­nehmen an. Diese Nachfol­geform ermög­licht viele Vorteile, bringt aber auch Heraus­for­de­rungen mit sich, die berück­sichtigt werden müssen, damit die Nachfol­geform nachhaltig erfolg­reich ist. Wir nennen die wichtigsten Empfeh­lungen, damit die Team-Nachfolge gelingt und ihre Kraft entfalten kann.

Unabhängig davon, ob es sich bei der Nachfolge um eine famili­en­in­terne (FBO), unter­neh­mens­in­terne (MBO) oder um eine externe Nachfolge (MBI) handelt, ermög­licht eine Team-Nachfolge vier wesent­liche Vorteile, die viel Potenzial haben und deshalb nicht zu unter­schätzen sind:

  • geregelte Stell­ver­tretung auf der obersten Führungs­ebene (Chef oder Chefin)
  • das Verteilen von Druck auf mehrere Schultern
  • unter­schied­liche Kompe­tenzen, die einge­setzt und genutzt werden können
  • eine höhere Qualität von Entscheidungen

Geregelte Stellvertretung und Druck verteilen

Wenn zwei oder mehr Personen gemeinsam die Nachfolge antreten, hat dies den grossen Vorteil, dass die Stell­ver­tretung der Chefin und des Chefs möglich und geregelt ist. Viele Menschen möchten auch als Unter­neh­merin oder Unter­nehmer mal drei Wochen Ferien am Stück machen können oder alle paar Jahre ein Mini-Sabba­tical. Auch eine angemessene Elternzeit, also ein Mutter- oder Vater­schafts­urlaub, der über die gesetz­lichen Ansprüche hinaus geht, ist für viele wichtig, die eine Familie gründen und nebst der Firma auch für die Familie da sein wollen. Wer als Allein-Unter­neh­merin, die Nachfolge antritt, kann für diese Bedürf­nisse zwar auch Lösungen finden, aber es verlangt sehr viel Organisation. 

Wer auch auf oberster Führungs­ebene als Team erfolg­reich aufge­stellt ist, kann diese Lösungen sehr viel einfacher gestalten und umsetzen. Die Tatsache, dass man auch als Chef oder Chefin einen Monat abwesend sein kann und in dieser Zeit jemand anderes aus dem Nachfolge-Team als Chef oder Chefin immer noch vor Ort ist, das kann eine echte Entla­stung darstellen. 

Als Chefin oder Chef einen Monat abwesend zu sein und in der Firma ist trotzdem ein Chef oder eine Chefin vor Ort — diese Vorstellung ist auch für viele Unter­neh­me­rinnen und Unter­nehmer attraktiv.

Eine Entla­stung ist es auch, dass sich der Druck auf mehrere Schultern verteilt, wenn man die Nachfolge als Team antritt. Der Druck, den Unter­neh­mertum mit sich bringt, kann verschiedene Ausprä­gungen haben. Er kann sich im Gefühl zeigen, stets für alles eine Antwort bereit haben zu müssen, Lösungen allzeit anzubieten oder auch in der Erwartung, für jedes Schloss den passenden Schlüssel zu haben. Als Unter­neh­merin oder Unter­nehmer die Gewissheit zu haben, dass man in einem gut einge­spielten Team nicht alleine ist – das per se ist bereits eine Entlastung.

Kompetenzenvielfalt und Entscheidungsqualität

Einen weiterer Vorteil von vielen Nachfolge-Teams sind die unter­schied­lichen Kompe­tenzen, die zusam­men­kommen, weil man mehr als eine Person ist und die gewinn­bringend für das Unter­nehmen genutzt werden können. Unter­schied­liche Kompetenz- und Fähig­keits­profile können einen Mehrwert für das Unter­nehmen darstellen, wenn sie zusam­men­wirken und sich so ergänzen. Zum Beispiel kann es sein, dass sich ein “Innen­mi­nister” und eine “Aussen­mi­ni­stern” daraus ergibt. Auch wenn sich die eine Person eher in der Leader-Rolle und und die andere Person als Controller sieht, kann das eine spannende Ergänzung sein und für das Unter­nehmen Nutzen bringen.

Ein weiterer Pluspunkt, einer, der aller­dings auch Arbeit bedeutet, ist die Entschei­dungs­qua­lität, die gefördert werden kann. Entschei­dungen innerhalb eines Nachfolge-Teams müssen gut aufein­ander abgestimmt sein. Wird das ernst genommen und der Entschei­dungs­prozess gemeinsam und seriös vollzogen, werden beispiels­weise Schnell­schüsse unter­bunden, weil kritisch reflek­tiert wird. Das hat in der Regel einen positiven Effekt auf die Qualität von Entscheidungen.

Individuelle Erwartungen, Werte und Ziele als Herausforderung

Wie oft im Leben, hat auch die Team-Nachfolge eine Kehrseite der Medaille. So braucht eine solche Konstel­lation mehr Abstimmung im Team. Man muss sich gemeinsam darauf einigen, was die Vision ist, welche nächsten Schritte man gehen möchte und wie man diese geht, ob ein neues Projekt lanciert wird oder nicht, mit wem man eine Schlüs­sel­stelle neu besetzt — um nur einige Beispiele zu nennen.

Indivi­duelle Erwar­tungen, persön­liche Werte und Ziele können sich über die Zeit hinweg verändern — das kann für ein Nachfolge-Team zur Heraus­for­derung werden.

Die verschie­denen “Landkarten” in den Köpfen der verschie­denen Individuen gilt es regel­mässig aufein­ander abzustimmen. Dafür braucht es Raum und Zeit und die innere Bereit­schaft, aufein­ander zuzugehen, sich zu äussern, sich zu exponieren, zu öffnen und zuzuhören. Es braucht Klarheit bezüglich Erwar­tungs­hal­tungen und Bedürf­nisse und diese müssen aufein­ander abgestimmt werden. Und das immer wieder aufs Neue. Weil: indivi­duelle Ziele und Inter­essen verschieben und verändern sich über die Zeit hinweg. Die Gründe dafür können vielfältig sein: zum Beispiel die Geburt eines Kindes, Verän­de­rungen in der Lebens­part­ner­schaft oder auch gesund­heit­liche Themen. Solche Ereig­nisse beein­flussen Werte und Priori­täten eines Menschen und das kann in einem Team auch zu Konflikten führen.

Drei Rahmenbedingungen, damit eine Team-Nachfolge gelingt

Damit eine Team-Nachfolge nachhaltig erfolg­reich ist und funktio­niert, empfehlen wir in drei Schritten einen Rahmen zu schaffen, der wesentlich dazu beiträgt, dass diese Nachfol­geform ihre Kraft entfalten kann:

  • Klarheit haben, was die indivi­du­ellen Arbeits­prä­fe­renzen sind und danach arbeiten
  • Vision und Strategie regel­mässig und selbst­kri­tisch überprüfen
  • frühzeitig einen Gesell­schafts­vertrag, resp. einen Aktio­närs­bin­dungs­vertrag aufsetzen

Es bedarf aller drei der oben genannten Punkte, um die Voraus­setzung zu schaffen, dass die Vorteile einer Team-Nachfolge zum Tragen kommen. Eine Team-Nachfolge muss mit Weitsicht vorbe­reitet werden. Es braucht den ständigen, aktiven Dialog, inten­siven Austausch und ein regel­mäs­siges Abstimmen untereinander. 

Rahmen­be­dingung 1: Indivi­duelle Arbeits­prä­fe­renzen kennen und damit arbeiten.

Um indivi­duelle Arbeits­prä­fe­renzen zu ermitteln, dafür gibt es unter­schied­liche Methoden. Wir von St. Galler Nachfolge arbeiten mit dem Team Management Profil von Margersion-MaCann (TMS). Es handelt sich dabei um ein tolles Instru­men­tarium, mit dem sich Teams weiter­ent­wickeln können. Mit einem Frage­bogen werden in einem ersten Schritt die persön­lichen Arbeits­prä­fe­renzen erhoben und in einem indivi­dua­li­sieren Report aufbe­reitet. Damit wird eine Selbst­re­flexion sicher­ge­stellt. In einem zweiten Schritt werden diese Arbeits­prä­fe­renzen innerhalb des Teams offen­gelegt und disku­tiert (das geschieht unter profes­sio­neller Anleitung durch uns als beratende Sparring­partner). Anschliessend disku­tiert man gemeinsam in einem dritten Schritt, wie Unter­schiede zwischen den Individuen zu nutzen und mitein­ander zu verbinden sind. Wenn man ein Bewusstsein hat für die Team-Zusam­men­setzung und die Arbeits­prä­fe­renzen vonein­ander kennt, kann auf eine spiele­rische Weise der Zugang zuein­ander, das Mitein­ander sowie die Verbin­dungen zwischen den Teammit­gliedern gefördert werden.

Rahmen­be­dingung 2: Vision und Strategie

Vision und Strategie bewegen sich auf der Ebene des Unter­nehmens. Ein Nachfolge-Team sollte sich regel­mässig (selbst-)kritisch mit der Unter­neh­mens­stra­tegie und der damit verbun­denen Vision ausein­ander zu setzen. Die Heraus­for­derung dabei ist sich die Zeit dafür zu nehmen. 

Die Grund­vor­aus­set­zungen, damit eine Team-Nachfolge gelingen kann, sind eine Vorbe­reitung mit Weitsicht, aktiver Dialog, inten­siver Austausch und ein regel­mäs­siges Abstimmen von Erwar­tungen und Zielen.

Der unter­neh­me­rische Alltag ist intensiv. Das Tages­ge­schäft spült strate­gische Fragen und Visions­arbeit oft mühelos vom Tisch, weil grad anderes dringender und zeitkri­tisch ist. Trotzdem: Unter­neh­me­rinnen und Unter­nehmer sollten das Hamsterrad regel­mässig bewusst verlassen, um sich mit der Frage ausein­an­der­zu­setzen, man als Chef und Chefin grad noch das Richtige tut. Vision und Strategie müssen geklärt und vom Team mitge­tragen werden — dann rennen immerhin alle in dieselbe Richtung.

Rahmen­be­dingung 3: Gesellschaftsvertrag

Als dritte Rahmen­be­din­gungen — und ganz wichtig: wir verstehen diese Lösungs­an­sätze additiv – muss ein solider Gesell­schafts­vertrag, resp. ein Aktio­närs­bin­dungs­vertrag aufge­setzt werden. Es ist wichtig, frühzeitig und vor allem in guten Zeiten und mit einer gewissen Distanz alle Fragen zu beant­worten um Themen wie Sterben, Heiraten, Scheiden, Einstieg in die Firma, Ausstieg aus der Firma, Privat­konkurs, um nur einige Beispiele zu nennen (diese Themen­liste ist nicht abschliessend). Es gilt, mögliche Verän­de­rungen im Leben durch­zu­sprechen und juristisch bindend so auszu­for­mu­lieren, dass jedes Teammit­glied die Optionen und damit verbun­denen Konse­quenzen gut verstanden hat und alle vom Gleichen sprechen.

Fazit

Zusam­men­fassend kann man festhalten, dass die Team-Nachfolge eine attraktive Form der Nachfolge ist. Sie kommt immer häufiger vor und bietet viele Vorteile, von denen sowohl die Firma wie auch Mitar­bei­tende, aber auch die Unter­neh­me­rinnen und Unter­nehmer selber profitieren.

Damit diese Vorteile zum Tragen kommen und ihre Wirkung entfalten können, bedarf es aber einer Vorbe­reitung mit Weitsicht und ein stetiges Dranbleiben. Offenheit, ein aktiver Dialog, inten­siver Austausch und regel­mässige Abstim­mungen, wo man einer­seits selber steht, anderer­seits aber auch im Bezug auf Vision und Strategie. Das sind notwendige Grund­vor­aus­set­zungen, dass eine Team-Nachfolge nachhaltig gelingt und erfolg­reich ist.

Mehr zum Thema

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Fotonachweis: Shutter­stock

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Frank Halter

Frank Halter ist ausgewiesener Nachfolgeexperte, der sich seit vielen Jahren mit Passion für Nachfolgelösungen einsetzt, die Bestand haben und für alle ein Gewinn sein sollen: für das KMU, für die übergebende und die übernehmende Generation. Er hat das St. Galler Nachfolge-Modell mitentwickelt und betreibt die «St. Galler Nachfolge-Praxis», eine unabhängige Plattform für Wissen und Erfahrung rund um das Thema Unternehmensnachfolge.

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