Blog 39: Der Mangel an Fachkräften beeinflusst auch den Nachfolgeprozess — was Firmen tun können, damit Mitarbeitende bleiben.

Fast jede Branche leidet derzeit darunter, dass Fachkräfte gesucht, aber nicht gefunden werden. Handwerks­be­triebe wie auch Dienst­lei­stungs­stätten buhlen gleicher­massen um Fachper­sonen. Steht bei dieser Ausgangslage auch noch ein Genera­tio­nen­wechsel an, kann das eine zusätz­liche Heraus­for­derung für den Nachfol­ge­prozess bedeuten. Was können Firmen tun, damit Mitar­bei­tende gerne bleiben? Wir stellen Ihnen einen Katalog mit Möglich­keiten vor.

Jüngste Zahlen zeigen: die Knappheit an quali­fi­zierten Arbeits­kräften hat sich in der Schweiz im Jahr 2023 weiter verschärft. Das zeigt sich auch in vielen Beispielen, die uns im KMU-Alltag begegnen. Wenn z.B. das Säli im Restaurant Hirschen bis auf weiteres geschlossen bleibt und es heisst: “Wir finden zu wenig quali­fi­ziertes Service­per­sonal, um das beliebte ‘Säli’ betreiben zu können.” Oder wenn sich Umbau­ar­beiten verzögern und es heisst: “Den Ausbau Ihres Winter­gartens übernehmen wir sehr gerne. Aller­dings können wir damit frühe­stens in 6 Monaten beginnen. Wir, wie auch unsere Zulie­ferer haben leider nicht genügend Fachper­sonal, um den Auftrag in nächster Zeit auszuführen.”

Ein Patent­rezept, diesem Mangel an Fachkräften entge­gen­zu­treten, gibt es nicht. Dies gleich vorweg. Einer­seits gehen die Meinungen zu wirksamen Massnahmen auch bei diesem Thema ausein­ander, anderer­seits haben die indivi­du­ellen Rahmen­be­din­gungen einer Firma und einer Branche einen entschei­denden Einfluss darauf, welche Massnahmen im konkreten Fall sinnvoll sind und Wirkung entfalten. Trotzdem sollten sich Unter­neh­me­rinnen und Unter­nehmer damit ausein­an­der­zu­setzen, was Mitar­bei­tende motiviert zu bleiben oder sich als Fachkraft auf eine ausge­schriebene Stelle zu bewerben.

Fehlt es an Fachkräften, so kann das die Nachfol­ge­fä­higkeit einer Firma in Frage stellen.

Personell gut aufge­stellt zu sein, ist auch im Kontext der Nachfolge relevant. Eine Firma, der es an Fachkräften fehlt, schwächt ihre Nachfol­ge­fä­higkeit. Das ist ernst zu nehmen: die Nachfol­ge­wür­digkeit und die Nachfol­ge­fä­higkeit einer Firma und poten­zi­eller Nachfolger:innen haben einen entschei­denden Einfluss auf den Verlauf des Nachfolgeprozesses. 

Es stehen dabei die Fragen im Raum, ob ein Unter­nehmen auf dem Markt auch in den kommenden 5–10 Jahren eine Daseins­be­rech­tigung hat und somit auch nachfol­ge­würdig ist. Einer­seits. Und anderer­seits, ob das Unter­nehmen intern mit seinen Prozessen und Struk­turen so aufge­stellt ist, dass es auch erfolg­reich weiter­ge­führt werden kann, wenn die aktuelle Inhaberin oder der aktuelle Inhaber nicht mehr die Fäden in der Hand hält. Ist dies der Fall, ist die Firma auch nachfolgefähig.

Ansätze, damit qualifiziertes Fachpersonal gerne bleibt

Die Mitar­bei­tenden sind das Rückgrat jeder Unter­nehmung. Ohne quali­fi­ziertes und motiviertes Personal findet keine Wertschöpfung statt. Ohne Wertschöpfung kann ein Unter­nehmen nicht existieren und die Wirtschaft nicht gedeihen. Was also tun, um als Unter­neh­merin und Arbeit­geber dem Fachkräf­te­mangel entgegenzutreten? 

In bestehende Mitar­bei­tende zu investieren, ist wichtig und zahlt sich aus.

Das “Wunder­mittel” gibt es nicht. Verschiedene Massnahmen, um quali­fi­ziertes Personal langfristig motiviert im Betrieb zu halten, können aber ergriffen werden. Wichtig dabei ist, dass die Massnahmen aus Überzeugung und auf allen Führungs­ebenen im Unter­nehmen gelebt werden und Anwendung finden. Tönt selbst­ver­ständlich — erweist sich in der Praxis aber regel­mässig als Heraus­for­derung. Darauf gilt es ein Augenmerk zu legen.

Folgende Ansätze haben sich bewährt, um die Bindung von Mitar­bei­tenden an die Firma zu fördern oder zu erhöhen.

Wettbe­werbs­fähige Vergütung

Eine angemessene und wettbe­werbs­fähige Bezahlung ist entscheidend, um Talente anzuziehen und zu halten. Stellen Sie sicher, dass die Gehälter und Zusatz­lei­stungen minde­stens den Branchen­stan­dards entsprechen oder höher liegen. Auch eine Pensi­ons­kasse mit guten Leistungen ist relevant. Wenn Sie als Arbeit­ge­berin höhere Beiträge einzahlen, leisten Sie einen Mehrwert und heben sich von Mitbe­werbern ab. Darauf schauen vor allem Mitar­bei­tende ab Mitte 40 und je älter man wird, umso wichtiger wird dieses Thema für eine Person. 

Entwick­lungs­mög­lich­keiten

Bieten Sie gezielt auf die Person und Funktion abgestimmte Fortbil­dungs- und Weiter­bil­dungs­mög­lich­keiten an. Mit dem neu und zusätzlich erlangtem Wissen steigern Sie nicht nur die Motivation und Fähig­keiten Ihrer Mitar­bei­tenden, sondern erhöhen damit auch deren Produk­ti­vität und letzt­endlich Ihren Unternehmenserfolg.

Förderung der Work-Life-Balance

Ein ausge­wo­genes Verhältnis zwischen Arbeit und Privat­leben ist für jede Person wichtig. Flexible Arbeits­zeiten, Remote-Arbeits­mög­lich­keiten und Urlaubs­re­ge­lungen können dazu beitragen, dass sich die Mitar­bei­tenden wohlfühlen, die nötige Erholung finden und damit am Ende eine bessere, überdurch­schnitt­liche Arbeits­lei­stung erbringen. Dabei nicht zu unter­schätzen sind die positiven Auswir­kungen auf das gesamte Team, wenn die Mitar­bei­tenden Zufrie­denheit ausstrahlen und Spass an der Arbeit haben.

Anerkennung und Wertschätzung

Dies ist vermutlich einer der wichtigsten Punkte — und trotzdem hört man immer wieder, dass Anerkennung und Wertschätzung fehlen. Sei dies im Team, der Abteilung oder der ganzen Organi­sation. Dabei ist Anerkennung und Wertschätzung die Basis für mensch­liches Zusam­men­ar­beiten in einer profes­sio­nellen Arbeits­kultur. In einer wertschät­zenden Arbeits­at­mo­sphäre haben konstruktive Kritik und Verbes­se­rungs­vor­schläge Platz und können ausge­sprochen werden. Eine solche Kultur zu etablieren, braucht Commitment, Zeit und Training. Es ist eine Haltung, die man erlernen kann.

Eine wertschät­zende Haltung ist auch relevant, wenn Mitar­bei­tende das Unter­nehmen verlassen. Die Verab­schiedung schei­dender Mitarbeiter:innen ist ebenso wichtig wie das Onboarding neuer Mitar­bei­tenden. Je nachdem, wie der Abschied verläuft, wird ein austre­tender Mitar­beiter positiv oder negativ über die Zeit im Unter­nehmen sprechen und damit poten­zielle neue, quali­fi­zierte Mitar­bei­tende ansprechen oder abschrecken (so wie auch Kunden). Und wer weiss, vielleicht ist gerade dieser Mitar­beiter, der geht, in ein paar Jahren ein geeig­neter Kandidat für eine Schlüs­sel­po­sition in der Firma oder sogar ein poten­zi­eller Nachfolger. 

Gute Arbeits­um­gebung / ‑bedin­gungen

Schaffen Sie eine positive Arbeits­um­gebung, in der sich die Mitar­bei­tenden wohl fühlen. Ein gutes Betriebs­klima, klare Kommu­ni­kation und Teamarbeit sind wichtig. Auch der Arbeits­platz sollte so gestaltet und einge­richtet sein, dass er die Mitar­bei­terin dabei unter­stützt, die beste Arbeits­lei­stung abzurufen. Das kann ein Stehpult für Büro-Mitar­bei­tende sein oder die Möglichkeit, nasse Arbeits­kleidung in der Garderobe zu trocknen, wenn Personen auf dem Bau arbeiten.

Karrie­re­ent­wicklung

Ermög­lichen Sie Karrie­re­ent­wicklung und Aufstiegs­chancen innerhalb des Unter­nehmens. Stellen Sie zusammen mit dem Mitar­beiter einen Entwick­lungsplan auf. Zeigen Sie dabei auf, wo die Mitar­bei­terin oder der Mitar­beiter zurzeit steht und wo sie oder er sich hin entwickeln kann, wenn das auch gewünscht ist. Mitar­bei­tende bleiben eher, wenn sie sehen, dass ihre Karrie­re­ziele im Unter­nehmen erreicht werden können.

Beitei­ligung von Mitarbeitenden

Mitar­bei­tende, die sich an der Unter­nehmung betei­ligen und damit direkt vom Erfolg parti­zi­pieren können, setzen sich mehr für das Unter­nehmen ein und bleiben langfristig an Board. Dies ist vor allem ab einer gewissen Führungs­stufe, zum Beispiel der Geschäfts­lei­tungs­ebene, ein geeig­netes Instrument. Für die Ausge­staltung der Betei­li­gungsform gibt es verschie­denste Möglich­keiten. Wichtig ist es, diese mit Vorsicht, Sorgfalt und Weitsicht anzugehen.

Klare Kommu­ni­kation

Offene und trans­pa­rente Kommu­ni­kation ist entscheidend. Mitar­bei­tende sollten gut infor­miert sein über die Unter­neh­mens­ziele, wenn Verän­de­rungen anstehen und was ihre Rolle angeht im Gesamt­gefüge. Beziehen Sie Ihre Mitar­bei­tenden, wenn immer möglich, in Entschei­dungen mit ein, von denen sie direkt betroffen sind. Damit können Sie Betroffene zu Betei­ligten machen, was ganz wesentlich ist, wenn man Verän­de­rungen gemeinsam meistern möchte. Es erhöht den Zusam­menhalt in der ganzen Firma und schafft Verbindlichkeit.

Indivi­duelle Anpassungen

Berück­sich­tigen Sie indivi­duelle Bedürf­nisse und schaffen Sie flexible Arbeits­be­din­gungen, um auf die verschie­denen Lebens­si­tua­tionen Ihrer Mitar­bei­tenden einzu­gehen. Am Ende ist jedes Individuum unter­schiedlich und es geht darum die beste Leistung heraus­zu­holen. Dies bedingt, dass man sich mitein­ander ausein­an­der­setzt und auf die Unter­schiede eingeht und versteht, was eine Person braucht. Damit ist nicht gemeint, dass es ein “Wunsch­konzert” geben soll, bei dem alle machen, was sie wollen. 

Die passende Crew für die Reise, die ansteht

Die genannten Ansätze helfen einer Firma, die Unter­neh­mens­ziele bestmöglich mit den richtigen Fachkräften zu erreichen. Dabei ist wichtig, dass ein Unter­nehmer oder eine Unter­neh­merin das Team so zusam­men­stellt, dass es für die spezi­fische Reise und die Ziele des Unter­nehmens optimal ausge­richtet ist. Ob man dabei — sinnbildlich gesprochen — über den Atlantik segelt oder auf heimi­schem Gewässer, macht ein wesent­licher Unterschied.

Auch bei der Nachfolge ist ein Team, das passt und funktio­niert, die Grundlage, um als Firma nachfol­ge­fähig zu sein. Gerade Unter­nehmen, die vor einem Genera­tio­nen­wechsel stehen, sollten das Thema Fachkräf­te­mangel deshalb besonders berücksichtigen. 

Mehr zum Thema

Auf unserer Plattform finden Sie weiter­füh­rende Unter­lagen zum Thema. Unter anderem empfehlen wir Ihnen folgende Beiträge:

Im Download-Center stellen wir Ihnen diverse Unter­lagen und Arbeits­blätter zu weiteren Themen rund um Nachfolge kostenlos zur Verfügung.

Fotonachweis: Shutter­stock

ÜBER ROGER MUHR

Mit seiner Sachkenntnis für betriebs­wirt­schaft­liche Zusam­men­hänge und dem Flair für Menschen begleitet Roger Muhr KMU im Nachfol­ge­prozess und stellt dabei die Menschen und das Unter­nehmen ins Zentrum. Roger Muhr hat in Gross­kon­zernen, der Industrie, in einem Start-up und als selbstän­diger Unter­nehmer viele Erfah­rungen gesammelt und ein breites Verständnis entwickelt für die Heraus­for­de­rungen in diesen unter­schied­lichen Arbeitswelten.

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