Blog 41: Die Nachfolge finanzieren – auch mit wenig Eigenmitteln

Die Finan­zierung des Kaufpreises ist bei der Unternehmens­nach­folge eine Heraus­for­derung — selten kann der Preis vollständig aus eigenen Mitteln finan­ziert werden. Gerade in Fällen, bei denen leitende Mitar­bei­tende die Anteile einer Firma übernehmen wollen (Management-Buy-out / MBO), sind Banken motiviert, die Eigen­tums­nach­folge auch dann möglich zu machen, wenn die poten­zi­ellen Nachfolger:innen wenig Eigen­mittel zur Verfügung haben. Welche Möglich­keiten es gibt und weshalb Banken diese Form der Nachfol­ge­re­gelung unter­stützen, erklärt Marie-Line Bachmann, Mandats­lei­terin KMU Unternehmens­nach­folge und Finan­zie­rungs­expertin bei der ZKB.

Die Nachfol­ge­re­gelung ist ein wichtiger Schritt für jedes Unter­nehmen und für jede Unternehmer:in. Er hat weitrei­chende Auswir­kungen auf die künftige Entwicklung der Firma. Die Ziele und Bedürf­nisse der Verkäu­fer­schaft sind oft sehr unter­schiedlich. Was man aber sagen kann: die Kaufpreis­ma­xi­mierung steht in der Regel nicht im Vorder­grund. Vielmehr wollen Verkäufer:innen das Unter­nehmen in die bestmög­lichen Hände weiter­geben. Eine grund­sätz­liche Frage stellt sich dabei immer: Welche Variante der Unternehmens­nach­folge – famili­en­intern, firmen­intern oder extern – die jeweils richtige ist. Jede der drei Nachfol­ge­formen ist mit verschie­denen Vor- und Nachteilen verbunden. Unser Fokus in diesem Beitrag gilt dem Management-Buy-out (MBO), d.h. der Nachfol­geform, wenn Mitar­bei­tende die Nachfolge antreten und die Firma übernehmen wollen.

Der Gedanke, nebst dem Schritt vom Angestellten zum Unter­nehmer, auch noch einen Schul­denberg aufzu­nehmen, kann Ängste auslösen. Diese Ängste sind bei einem MBO meistens unbegründet.

Marie-Line Bachmann, Mandats­lei­terin KMU Unternehmensnachfolge

In der Regel ist die Situation bei einem MBO so, dass die verfüg­baren Eigen­mittel der poten­zi­ellen Nachfolger:innen in der Regel begrenzt sind. Die Käufer­schaft befindet sich oft in einem Lebens­ab­schnitt, in welchem sie noch kein oder erst wenig Vermögen anhäufen konnten und das bereits erwirt­schaftete Kapital ander­weitig investiert ist, beispiels­weise im Eigenheim. Sie glauben deshalb oft nicht daran, dass sie den Kaufpreis der Firma finan­zieren können. Viele Banken unter­stützen aber gerade diese Form der Nachfol­ge­re­gelung gerne.

MBO aus Sicht der Verkäuferschaft

Ein Verkauf an Externe (MBI) führt in der Regel zu einem höheren Verkaufs­preis als die familien- und firmen­in­terne Nachfolge. Die Vorteile einer internen Übernahme (MBO) liegt aber darin, dass die Konti­nuität der Unter­neh­mens­führung sicher­ge­stellt ist. 

Bei einer firmen­in­ternen Übernahme steht für die Verkäu­fer­schaft meistens nicht die Kaufpreis­ma­xi­mierung im Vordergrund.

Marc Maurer, Leiter Unternehmens­nach­folge ZKB

Die neuen Eigen­tümer sind bei einem MBO mit der Unter­neh­mens­stra­tegie, ‑kultur und ‑vision vertraut und können die Bezie­hungen zu Kunden, Liefe­ranten und anderen Geschäfts­partnern mehr oder weniger nahtlos weiter­führen. Auch weil es sich für den Grossteil der Überge­benden beim Unter­nehmen um ihr Lebenswerk handelt, in welches viel Herzblut geflossen ist, ist ein MBO häufig die bevor­zugte Variante gegenüber einem externen Verkauf – auch wenn der Verkaufs­erlös tiefer ausfällt. Emotionen beein­flussen nämlich den Verkaufs­preis (mehr dazu in unserem Dossier KMU Nachfolge und der emotionale Wert).

MBO aus Sicht der Käuferschaft

Poten­zielle Käufer:innen, welche oftmals schon viele Jahre für das Unter­nehmen tätig sind und die Chancen und Risiken der Firma und des Marktes bestens kennen, sind nicht auf externe Berichte angewiesen, um einen vertieften Einblick in das Unter­nehmen zu erhalten. 

Dass Mitar­bei­tende hohe Unter­neh­mens­kennt­nisse haben, wirkt sich bei einem MBO positiv auf die Kredit­ge­währung aus..

Marie-Line Bachmann, Mandats­lei­terin KMU Unternehmensnachfolge

Für sie ist nicht das Kennen­lernen der Firma und des Marktes eine Heraus­for­derung, sondern meistens die Finan­zierung des Verkaufs­preises. Auch wenn bei einem MBO meistens nicht die Preis­ma­xi­mierung im Vorder­grund steht, geht es schnell um Beträge in Höhe von mehreren Hundert­tausend bis Millionen Franken. Der Gedanke, neben dem Schritt vom Angestellten zum Unter­nehmer, auch noch einen Schul­denberg aufzu­nehmen, kann Ängste auslösen. Diese sind oft unbegründet und können durch enge Begleitung durch die Bank beseitigt werden.

Finanzierungsmöglichkeiten bei wenig Eigenmitteln

Wenn die Eigen­mittel zur Finan­zierung des Kaufpreises nicht ausreichen, gibt es verschiedene Möglichkeiten:

  • Da die Verkäu­fer­schaft oft ein grosses Interesse hat, die Firma an langjährige Mitar­bei­tende zu verkaufen, bietet sie oft Hand, indem sie einen fairen Kaufpreis verlangen und indem sie die Finan­zierung unter­stützen durch ein sog. Verkäu­fer­dar­lehen. Mit einem Verkäu­fer­dar­lehen kann ein Teil des Kaufpreises über die Zeit zurück­be­zahlt werden. Damit kann die Käufer­schaft die Differenz zwischen Kaufpreis und Bankfi­nan­zierung sowie Eigen­mittel überbrücken. Ein Verkäu­fer­dar­lehen kann auch den Vorteil haben, dass die ehemalige Inhaber:innen auch monetär einen Anreiz haben, den neuen Inhaber:innen weiterhin zur Verfügung zu stehen und im besten Interesse der Firma zu handeln. (Mehr zum Verkäu­fer­dar­lehen finden Sie in Blogbeitrag Nr. 25).
  • Mit einer Übernahme durch mehrere Personen, also einer Teamüber­nahme, kann nicht nur die neu übernommene Verant­wortung, sondern auch die finan­zielle Belastung des Kaufpreises auf mehrere Schultern verteilt werden. Zudem können komple­mentäre Fähig­keiten über Personen, die schon länger zusam­men­ge­ar­beitet haben, an das Unter­nehmen gebunden werden. (Erfahren Sie weitere Vorteile einer Teamnach­folge in unserem Blogbeitrag Nr. 38).
  • Eine Übernahme muss nicht zwingend in einem Schritt erfolgen. Eine initiale Minder­heits­be­tei­ligung kann über mehrere Jahre bis zur vollstän­digen Übernahme weiter ausgebaut werden. In diesem Fall ist der Verkäufer aller­dings bis zur Übernahme über seine Anteile mitspra­che­be­rechtigt und die Käufer­schaft hat in dieser Zeit nicht die volle Verfü­gungs­gewalt über das Unter­nehmen. (Mehr zur Minder­hei­ten­fi­nan­zierung lesen Sie in Blogbeitrag Nr. 27).
  • Eine weitere Möglichkeit ist eine Bürgschafts­ge­nos­sen­schaft. Eine Bürgschafts­ge­nos­sen­schaft unter­stützt leistungs­starke KMU bei der Nachfolge, indem sie den Banken für Darlehen bis zu CHF 1’000’000 bürgen. Dies stellt für die Bank eine kurante Sicherheit dar, welche sich positiv auf das Finan­zie­rungs­po­tenzial auswirkt.

MBO aus Sicht der Bank

Ein MBO bietet auch Vorteile aus Sicht einer Bank, welche die Differenz zum Kaufpreis über einen Kredit finan­zieren kann. Die Bank stützt sich bei der Beurteilung betreffend die Höhe der Kredit­vergabe u.a. auf die histo­rische Entwicklung und die Planzahlen der kommenden Jahre. Bei Übernah­me­fi­nan­zie­rungen handelt es sich um Kredite, welche über 4–6 Jahre nach der Übernahme durch die künftigen opera­tiven Geldflüsse (Free Cash-Flows) zurück­ge­zahlt werden müssen. Entspre­chend ist die Progno­sti­zier­barkeit dieser Free Cash-Flows von hoher Bedeutung. Wenn Mitar­bei­tende die Firma übernehmen, kann Knowhow und Netzwerk gesichert werden. Eine negative Entwicklung infolge des Eigen­tü­mer­wechsels liegt deshalb bei einem MBO wesentlich tiefer als bei einer externen Übernahme (MBI). Entspre­chend ist der poten­zielle Fremd­ka­pi­tal­anteil (Leverage) bei MBO höher als bei einem Verkauf an Externe.

Schlussfolgerung

Damit eine Nachfolge erfolg­reich gelingt, müssen mehrere Faktoren gegeben sein. Unsere Empfeh­lungen lauten:

  • Suchen Sie frühzeitig kompe­tente, externe Beratungs­per­sonen, welche Sie durch den Nachfol­ge­prozess begleiten können. Jede Ausgangslage ist einzig­artig und neben der Finan­zierung des Kaufpreises gibt es viele weitere Themen­be­reiche, die bei der Unternehmens­nach­folge wichtig sind. Aus diesem Grund lohnt es sich immer, bereits früh im Prozess das Gespräch mit Experten oder Exper­tinnen für Unter­neh­mens­nach­folgen zu suchen.
  • Klären Sie ab, in welchem Umfang Ihnen die Verkäu­fer­schaft beim Kaufpreis und in Bezug auf die Gewährung eines Verkäu­fer­dar­lehens entge­gen­kommen kann, sodass es schluss­endlich für beide Parteien stimmt.

Auch wenn ein Firmenkauf aufgrund der hohen Beträge auf den ersten Blick unmöglich scheint, ist dies oft nicht der Fall — eine Eigen­tums­nach­folge kann auch mit wenig Eigen­mitteln erfolg­reich gelingen. Wenn wenig Eigen­mittel vorhanden sind, ist es besonders wichtig, dass eine profes­sio­nelle Begleitung sicher­ge­stellt ist, die überge­bende Generation (Verkäu­fer­schaft) die überneh­mende Generation (Käufer­schaft) unter­stütz (z.B. über ein Verkäu­fer­dar­lehen) und dass die Käufer:innen sich diese neue Aufgabe mit den damit einher­ge­henden Pflichten und Verant­wortung zutrauen. 

Mehr zum Thema

Auf unserer Plattform finden Sie weiter­füh­rende Unter­lagen zum Thema. Unter anderem folgende Beiträge:

Im Download-Center stellen wir Ihnen diverse Unter­lagen und Arbeits­blätter kostenlos zur Verfügung. Mehr zum Thema Trans­ak­ti­ons­kosten und Finan­zierung finden Sie in unserem Themenbereich.

Fotonachweis: Shutter­stock

ÜBER MARIE-LINE BACHMANN

Marie-Line Bachmann ist Mandats­lei­terin für Übernah­me­fi­nan­zie­rungen bei der Zürcher Kanto­nalbank. Sie begleitet und unter­stützt Käufer bei der Erarbeitung von indivi­du­ellen Finan­zie­rungs­lö­sungen für eine erfolg­reiche KMU Nachfolge.

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