Die Finanzierung des Kaufpreises ist bei der Unternehmensnachfolge eine Herausforderung — selten kann der Preis vollständig aus eigenen Mitteln finanziert werden. Gerade in Fällen, bei denen leitende Mitarbeitende die Anteile einer Firma übernehmen wollen (Management-Buy-out / MBO), sind Banken motiviert, die Eigentumsnachfolge auch dann möglich zu machen, wenn die potenziellen Nachfolger:innen wenig Eigenmittel zur Verfügung haben. Welche Möglichkeiten es gibt und weshalb Banken diese Form der Nachfolgeregelung unterstützen, erklärt Marie-Line Bachmann, Mandatsleiterin KMU Unternehmensnachfolge und Finanzierungsexpertin bei der ZKB.
Die Nachfolgeregelung ist ein wichtiger Schritt für jedes Unternehmen und für jede Unternehmer:in. Er hat weitreichende Auswirkungen auf die künftige Entwicklung der Firma. Die Ziele und Bedürfnisse der Verkäuferschaft sind oft sehr unterschiedlich. Was man aber sagen kann: die Kaufpreismaximierung steht in der Regel nicht im Vordergrund. Vielmehr wollen Verkäufer:innen das Unternehmen in die bestmöglichen Hände weitergeben. Eine grundsätzliche Frage stellt sich dabei immer: Welche Variante der Unternehmensnachfolge – familienintern, firmenintern oder extern – die jeweils richtige ist. Jede der drei Nachfolgeformen ist mit verschiedenen Vor- und Nachteilen verbunden. Unser Fokus in diesem Beitrag gilt dem Management-Buy-out (MBO), d.h. der Nachfolgeform, wenn Mitarbeitende die Nachfolge antreten und die Firma übernehmen wollen.
Der Gedanke, nebst dem Schritt vom Angestellten zum Unternehmer, auch noch einen Schuldenberg aufzunehmen, kann Ängste auslösen. Diese Ängste sind bei einem MBO meistens unbegründet.
Marie-Line Bachmann, Mandatsleiterin KMU Unternehmensnachfolge
In der Regel ist die Situation bei einem MBO so, dass die verfügbaren Eigenmittel der potenziellen Nachfolger:innen in der Regel begrenzt sind. Die Käuferschaft befindet sich oft in einem Lebensabschnitt, in welchem sie noch kein oder erst wenig Vermögen anhäufen konnten und das bereits erwirtschaftete Kapital anderweitig investiert ist, beispielsweise im Eigenheim. Sie glauben deshalb oft nicht daran, dass sie den Kaufpreis der Firma finanzieren können. Viele Banken unterstützen aber gerade diese Form der Nachfolgeregelung gerne.
MBO aus Sicht der Verkäuferschaft
Ein Verkauf an Externe (MBI) führt in der Regel zu einem höheren Verkaufspreis als die familien- und firmeninterne Nachfolge. Die Vorteile einer internen Übernahme (MBO) liegt aber darin, dass die Kontinuität der Unternehmensführung sichergestellt ist.
Bei einer firmeninternen Übernahme steht für die Verkäuferschaft meistens nicht die Kaufpreismaximierung im Vordergrund.
Marc Maurer, Leiter Unternehmensnachfolge ZKB
Die neuen Eigentümer sind bei einem MBO mit der Unternehmensstrategie, ‑kultur und ‑vision vertraut und können die Beziehungen zu Kunden, Lieferanten und anderen Geschäftspartnern mehr oder weniger nahtlos weiterführen. Auch weil es sich für den Grossteil der Übergebenden beim Unternehmen um ihr Lebenswerk handelt, in welches viel Herzblut geflossen ist, ist ein MBO häufig die bevorzugte Variante gegenüber einem externen Verkauf – auch wenn der Verkaufserlös tiefer ausfällt. Emotionen beeinflussen nämlich den Verkaufspreis (mehr dazu in unserem Dossier KMU Nachfolge und der emotionale Wert).
MBO aus Sicht der Käuferschaft
Potenzielle Käufer:innen, welche oftmals schon viele Jahre für das Unternehmen tätig sind und die Chancen und Risiken der Firma und des Marktes bestens kennen, sind nicht auf externe Berichte angewiesen, um einen vertieften Einblick in das Unternehmen zu erhalten.
Dass Mitarbeitende hohe Unternehmenskenntnisse haben, wirkt sich bei einem MBO positiv auf die Kreditgewährung aus..
Marie-Line Bachmann, Mandatsleiterin KMU Unternehmensnachfolge
Für sie ist nicht das Kennenlernen der Firma und des Marktes eine Herausforderung, sondern meistens die Finanzierung des Verkaufspreises. Auch wenn bei einem MBO meistens nicht die Preismaximierung im Vordergrund steht, geht es schnell um Beträge in Höhe von mehreren Hunderttausend bis Millionen Franken. Der Gedanke, neben dem Schritt vom Angestellten zum Unternehmer, auch noch einen Schuldenberg aufzunehmen, kann Ängste auslösen. Diese sind oft unbegründet und können durch enge Begleitung durch die Bank beseitigt werden.
Finanzierungsmöglichkeiten bei wenig Eigenmitteln
Wenn die Eigenmittel zur Finanzierung des Kaufpreises nicht ausreichen, gibt es verschiedene Möglichkeiten:
- Da die Verkäuferschaft oft ein grosses Interesse hat, die Firma an langjährige Mitarbeitende zu verkaufen, bietet sie oft Hand, indem sie einen fairen Kaufpreis verlangen und indem sie die Finanzierung unterstützen durch ein sog. Verkäuferdarlehen. Mit einem Verkäuferdarlehen kann ein Teil des Kaufpreises über die Zeit zurückbezahlt werden. Damit kann die Käuferschaft die Differenz zwischen Kaufpreis und Bankfinanzierung sowie Eigenmittel überbrücken. Ein Verkäuferdarlehen kann auch den Vorteil haben, dass die ehemalige Inhaber:innen auch monetär einen Anreiz haben, den neuen Inhaber:innen weiterhin zur Verfügung zu stehen und im besten Interesse der Firma zu handeln. (Mehr zum Verkäuferdarlehen finden Sie in Blogbeitrag Nr. 25).
- Mit einer Übernahme durch mehrere Personen, also einer Teamübernahme, kann nicht nur die neu übernommene Verantwortung, sondern auch die finanzielle Belastung des Kaufpreises auf mehrere Schultern verteilt werden. Zudem können komplementäre Fähigkeiten über Personen, die schon länger zusammengearbeitet haben, an das Unternehmen gebunden werden. (Erfahren Sie weitere Vorteile einer Teamnachfolge in unserem Blogbeitrag Nr. 38).
- Eine Übernahme muss nicht zwingend in einem Schritt erfolgen. Eine initiale Minderheitsbeteiligung kann über mehrere Jahre bis zur vollständigen Übernahme weiter ausgebaut werden. In diesem Fall ist der Verkäufer allerdings bis zur Übernahme über seine Anteile mitspracheberechtigt und die Käuferschaft hat in dieser Zeit nicht die volle Verfügungsgewalt über das Unternehmen. (Mehr zur Minderheitenfinanzierung lesen Sie in Blogbeitrag Nr. 27).
- Eine weitere Möglichkeit ist eine Bürgschaftsgenossenschaft. Eine Bürgschaftsgenossenschaft unterstützt leistungsstarke KMU bei der Nachfolge, indem sie den Banken für Darlehen bis zu CHF 1’000’000 bürgen. Dies stellt für die Bank eine kurante Sicherheit dar, welche sich positiv auf das Finanzierungspotenzial auswirkt.
MBO aus Sicht der Bank
Ein MBO bietet auch Vorteile aus Sicht einer Bank, welche die Differenz zum Kaufpreis über einen Kredit finanzieren kann. Die Bank stützt sich bei der Beurteilung betreffend die Höhe der Kreditvergabe u.a. auf die historische Entwicklung und die Planzahlen der kommenden Jahre. Bei Übernahmefinanzierungen handelt es sich um Kredite, welche über 4–6 Jahre nach der Übernahme durch die künftigen operativen Geldflüsse (Free Cash-Flows) zurückgezahlt werden müssen. Entsprechend ist die Prognostizierbarkeit dieser Free Cash-Flows von hoher Bedeutung. Wenn Mitarbeitende die Firma übernehmen, kann Knowhow und Netzwerk gesichert werden. Eine negative Entwicklung infolge des Eigentümerwechsels liegt deshalb bei einem MBO wesentlich tiefer als bei einer externen Übernahme (MBI). Entsprechend ist der potenzielle Fremdkapitalanteil (Leverage) bei MBO höher als bei einem Verkauf an Externe.
Schlussfolgerung
Damit eine Nachfolge erfolgreich gelingt, müssen mehrere Faktoren gegeben sein. Unsere Empfehlungen lauten:
- Suchen Sie frühzeitig kompetente, externe Beratungspersonen, welche Sie durch den Nachfolgeprozess begleiten können. Jede Ausgangslage ist einzigartig und neben der Finanzierung des Kaufpreises gibt es viele weitere Themenbereiche, die bei der Unternehmensnachfolge wichtig sind. Aus diesem Grund lohnt es sich immer, bereits früh im Prozess das Gespräch mit Experten oder Expertinnen für Unternehmensnachfolgen zu suchen.
- Klären Sie ab, in welchem Umfang Ihnen die Verkäuferschaft beim Kaufpreis und in Bezug auf die Gewährung eines Verkäuferdarlehens entgegenkommen kann, sodass es schlussendlich für beide Parteien stimmt.
Auch wenn ein Firmenkauf aufgrund der hohen Beträge auf den ersten Blick unmöglich scheint, ist dies oft nicht der Fall — eine Eigentumsnachfolge kann auch mit wenig Eigenmitteln erfolgreich gelingen. Wenn wenig Eigenmittel vorhanden sind, ist es besonders wichtig, dass eine professionelle Begleitung sichergestellt ist, die übergebende Generation (Verkäuferschaft) die übernehmende Generation (Käuferschaft) unterstütz (z.B. über ein Verkäuferdarlehen) und dass die Käufer:innen sich diese neue Aufgabe mit den damit einhergehenden Pflichten und Verantwortung zutrauen.
Auf unserer Plattform finden Sie weiterführende Unterlagen zum Thema. Unter anderem folgende Beiträge:
- Dossier: KMU Nachfolge und die Finanzierung (Schrift Nr. 09)
- Marie-Line Bachmann im Gespräch: Erfolgreiche Finanzierung mit wenig Geld
- Claudia Buchmann im Gespräch: Wie Emotionen Preisverhandlungen beeinflussen.
- Dossier: KMU Nachfolge und der emotionale Wert (Schrift Nr. 08)
Im Download-Center stellen wir Ihnen diverse Unterlagen und Arbeitsblätter kostenlos zur Verfügung. Mehr zum Thema Transaktionskosten und Finanzierung finden Sie in unserem Themenbereich.
Fotonachweis: Shutterstock
ÜBER MARIE-LINE BACHMANN
Marie-Line Bachmann ist Mandatsleiterin für Übernahmefinanzierungen bei der Zürcher Kantonalbank. Sie begleitet und unterstützt Käufer bei der Erarbeitung von individuellen Finanzierungslösungen für eine erfolgreiche KMU Nachfolge.