Was Gegenstand der Eigentumsnachfolge ist und damit im Rahmen der Nachfolge konkret den Besitzer oder die Besitzerin wechselt, ist nicht immer gleich so klar, wie man zu glauben meint. Es lohnt sich, frühzeitig einen differenzierten Blick auf die Ausgangslage zu werfen, um sich klar zu werden, was denn nun verkauft wird — und was nicht. Diese Klarheit in Bezug auf das Übertragungsobjekt ist eine wichtige Grundlage, um den Nachfolgeprozess zielführend zu gestalten.
Umgangssprachlich hören wir oft die Formulierung: “Die Jungen wollen die Firma übernehmen”. So weit, so gut. Die Absicht, die Nachfolge antreten zu wollen, ist die Grundvoraussetzung, um überhaupt den Prozess der Nachfolge anzustossen. Haben aber auch alle eine klare Vorstellung davon, was konkret “Gegenstand” des Unternehmens ist, das man kauft, resp. verkauft? Vordergründig meint man schnell, man wisse, worum es gehen würde. Doch es lohnt sich, die unterschiedlichen Formen von Transaktionsmöglichkeiten zu kennen.
Das Übertragungsobjekt aus juristischer Sicht
Beim Verkauf einer Kapitalgesellschaft kauft die nachfolgende Generation in der Regel die Aktien einer Aktiengesellschaft (AG) oder die Stammanteile einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH). Das Wertpapier wechselt stellvertretend für das ganze Unternehmen den Besitzer oder die Besitzerin. Diese Art von Transaktion nennt man auch “Share Deal”.
Bei einem Share Deal gehen alle Rechte und Pflichten des Unternehmens im Rahmen der Handänderung an den neuen Besitzer oder an die neue Besitzerin. Soll also das “ganze” Unternehmen verkauft werden, dann ist ein Share Deal administrativ der einfachste Weg.
Beim Verkauf einer Einzelfirma oder einen Personengesellschaft handelt es sich in der Regel um einen sogenannten “Asset Deal”: es werden alle Einzelelemente (= Assets) der Firma verkauft. Aus administrativer Sicht bedeutet dies, dass in einem Kauf-/Verkaufsvertrag alle einzelnen Elemente (vom Bürostuhl bis zum Arbeitsvertrag) aufgeführt werden müssen, wo eine Handänderung stattfinden soll — die also verkauft werden.
Wenn Sie morgen den Schlüssel zu Ihrer Firma abgeben müssten, was würden Sie dann mitnehmen wollen?
Share und Asset Deal sind die beiden Grundformen für einen Firmenverkauf. Aus fachtechnischer Sicht werden die beiden Formen unterschiedlich behandelt. Die Wahl der Form hat also Einfluss auf Steuerthemen, die Finanzierung und die Form der Verträge. In der Praxis gibt es nebst den beiden Grundformen auch Mischformen und Umgestaltungsmöglichkeiten. Dabei werden im Vorfeld oder während der Transaktion die Grundstrukturen gezielt verändert, entsprechend festgelegter Ziele, die im Vorfeld zu klären sind. Dazu zwei Beispiele:
Beispiel 1: Eine Einzelfirma wird vor dem Generationenwechsel in eine Kapitalgesellschaft umgewandelt. Eine solche Umwandlung in eine AG oder in eine GmbH wird oft von Verkäufern angestrebt, wenn sie beabsichtigen, beim späteren Verkauf der Gesellschaft das Unternehmen steuerfrei zu veräussern — und das ist nur mit Share Deal möglich. Dabei gilt es zu beachten: Der Verkauf der Aktien darf erst nach Ablauf einer 5‑jährigen Sperrfrist erfolgen und ein allfällig im Handelsregister eingetragenes Einzelunternehmen muss zwingend ausgetragen sein.
Beispiel 2: Die Nachfolger übernehmen im Rahmen des Firmenkaufes nur die Assets aus dem Unternehmen, obwohl das Ursprungsunternehmen eine Kapitalgesellschaft ist. Der Hintergrund der Überlegung ist, dass bei diesem Vorgehen alle Garantien und latenten Rechtsansprüche, die gegenüber der übergebenden Generation (den Verkäufern) bestehen, bei der alten Gesellschaft haften bleiben und nicht an die Käufer übertragen werden.
Das Übertragungsobjekt aus unternehmerischer Sicht
Das Übertragungs-Objekt muss auch aus unternehmerischer Sicht geklärt werden. Die Frage dazu lautet: Was wollen wir kaufen/verkaufen, und was nicht? Oft wird z.B. diskutiert, ob das Betriebsgebäude zum Unternehmen gehört und im Falle der Zustimmung mitverkauft werden soll, oder ob nur der betriebliche Teil verkauft wird, ohne die Immobilie. Je nach Antwort ergibt sich daraus eine vorgängige Umstrukturierung (z.B. vorrangig eine Trennung von Immobilie und Betrieb) oder es kommt ein Asset Deal in der oben ausgeführten Form zum Tragen. Dann würde die Firma aus der bisherigen Gesellschaft heraus gekauft werden und die Immobilie bleibt in der Ursprungsgesellschaft zurück.
Das Übertragungsobjekt muss frühzeitig, konkret und detailliert geklärt werden. Erst wenn klar ist, was wirklich verkauft wird, kann der Nachfolge- und Verkaufsprozess zielführend gestaltet werden.
Bevor jedoch über Umstrukturierungen oder Bereinigungsmassnahmen gesprochen wird, muss die Ausgangslage sorgfältig analysiert werden. Dafür ist die Bilanz und die Erfolgsrechnung des Unternehmens zentral, welche kritisch und differenziert angeschaut und hinterfragt werden müssen. Allen involvierten Parteien sollte klar sein, was die einzelnen Positionen umfassen.
Bei der übergebenden Generation kann folgende Frage Klarheit schaffen: Wenn Sie morgen den Schlüssel zur Firma abgeben müssten, was würden Sie dann mitnehmen? In diesem Zusammenhang bleibt mir ein Schreinermeister in bester Erinnerung. Er wollte drei Bilder und eine Badewanne aus dem Ausstellungsraum mitnehmen. Es stellt sich jetzt die Frage: sind diese Gegenstände nun im Betriebs- oder Privatvermögen?
Das Übertragungsobjekt bei der Nachfolge sollte aus zwei Perspektiven beurteilt werden: aus einem juristischen Blickwinkel und aus einer unternehmerischen Sicht.
Wenn wir Nachfolgeprozesse begleiten, ist es deshalb wichtig, insbesondere die nachfolgende Generation bewusst an die Erfolgsrechnung und die Bilanz eines Unternehmens heranzuführen, damit sie diese verstehen, interpretieren und ihre Schlüsse daraus ziehen können. Bei diesem vertieften Auseinandersetzen mit Bilanz und Erfolgsrechnung sind auch schon “Überraschungen” zum Vorschein gekommen, die auch der Verkäufer nicht erwartet hatte. Plötzlich standen Fragen im Raum wie: Soll das Stück Land eines Produktionsunternehmens, auf dem ein Rebberg steht, mitverkauft werden oder nicht? Will der bisherige Eigentümer sein Auto mitverkaufen oder sollte es vor dem Verkauf des Unternehmens noch aus der Firma rausgenommen werden? Auch emotionale Erkenntnisse gibt es — z.B., dass mit dem Verkauf des Unternehmens das Privileg der Tankkarte für die bisherigen Inhaber hinfällig wird.
Fazit
Wir erachten es als relevant, das Übertragungsobjekt frühzeitig, konkret und detailliert zu klären. Dabei empfehlen wir, nebst dem juristischen Blick, auch einen unternehmerischen Blick auf das Übertragungs-Objekt zu werfen und sich dabei von der Frage leiten zu lassen: was soll übertragen werden und was nicht? Aus dieser Auseinandersetzung ergeben sich oft verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten, die man gegenüberstellen und abwägen sollte, bevor die Transaktion lanciert oder fachtechnisch umgesetzt wird. Erst, wenn das Übertragungs-Objekt geklärt ist, ist auch eine solide Bewertung möglich und damit Antworten, wie man Preis und Finanzierung gestalten möchte.
Auf unserer Plattform finden Sie weiterführende Unterlagen, die Überschneidungen haben mit dem Thema “Übertragungs-Objekt”. Unter anderem folgende Beiträge
- Als Überblick unser Dossier zum St.Galler Nachfolge-Modell (Schrift Nr. 02)
- Dossier zum Thema Bewertung: KMU Nachfolge und die Bewertung (Schrift Nr. 07)
- Dossier zum Thema Finanzierung: KMU Nachfolge und die Finanzierung (Schrift Nr. 09=
Im Download-Center stellen wir Ihnen diverse Unterlagen und Arbeitsblätter kostenlos zur Verfügung.
Fotonachweis: Shutterstock, St. Galler Nachfolge