Herzlichen Dank für die Analyse, wir werden dann mal so weiter machen wie bisher. — Dies die Antwort eines Kunden auf die Resultate aus der Nachfolge-Standortbestimmung. Es braucht Mut zur Überwindung der Lethargie.
Das Erfolgsrezept heisst: Mutig die notwendigen Schritte anpacken.
Die Themen sind gebündelt und aufbereitet. Mit den wichtigsten Punkten wurde eine Auslegeordnung gemacht, um diese Schrittweise anzugehen. Dem Neuanfang steht nichts mehr im Wege. Was jedoch, wenn die beteiligten Personen nach der sorgfältigen, zeitintensiven Analyse zum Schluss kommen, dass sie lieber den Weg wie gewohnt weitergehen? Im Sinne von: „Herzlichen Dank für die Analyse, wir werden dann mal so weiter machen wie bisher.“
Wie ist eine solche Reaktion zu erklären? Für eine externe Person völlig unverständlich, … wurde doch zusammen „ein Plan“ erarbeitet, um das Unternehmen erfolgreich in die Zukunft zu steuern. Wer hier von einem Einzelfall ausgeht, der irrt. In der Praxis sind solche Situationen oft anzutreffen. Was sind die Gründe für eine solche Lethargie und wie kann damit umgegangen werden?
In einem solchen Analyseprozess geht es um heikle, auch um emotionale Themen. Ein marodes Geschäftsmodell, eine angeschlagene Führungsstruktur, eine schwächelnde Ehe, ein intriganter Mitarbeiter, oder grosse Lücken in der eigenen Vorsorge sind nur einige, konkrete Beispiele, welche bei einem Auswertungsgespräch mit einer Unternehmerfamilie auf den Tisch kommen können. Oft wird zum ersten Mal offen über alles geredet. Die Auswertung der geführten Gespräche beinhaltet auch eine Auslegeordnung, inklusive naheliegenden, geforderten Umsetzungsschritten. Diese Auslegeordnung und der explizite Handlungsapell führen nicht selten zu einer inhaltlichen, fachlichen und emotionalen Überforderung der beteiligten Personen. Diese reagieren in manchen Fällen mit einer spontanen Abwehrhaltung. Die Fülle an Informationen und das Entdecken der vielen „Baustellen“ im Unternehmen, dies ist im ersten Moment oft «zu viel».
Da sind zum Beispiel viele zufriedene Kunden und die Bestätigung, dass das Unternehmen 25 Jahre am Markt bestehen konnte. So schlecht kann man „es“ ja offenbar nicht machen und gemacht haben. Ketzerisch könnte man sagen: Der eigene (Überlebens)Erfolg ist Grund genug, über Jahre hinweg eigene blinde Flecken zu erschaffen und beizubehalten.
Bei welchem Baum soll nun als erstes angesetzt werden, um einen ersten Sonnenstrahl, etwas Licht ins Dickicht und Unterholz zu bringen? Emotionale Überforderung macht das Auswählen der richtigen Bäume noch schwieriger. Der Förster beginnt auch nicht wahllos Bäume zu fällen. Nach einer Begehung des Waldes und der Besichtigung aller Bäume kennzeichnet er bewusst und gezielt die zu fällenden Bäume. In einem zweiten Schritt überlegt er sich, in welcher Reihenfolge und vor allem auch in welche Fallrichtung er diese dann auch fällen kann, ohne dass dabei bei anderen Bäumen einen Schaden anzurichten. Genau dies ist das beste Vorgehen in einer solchen Situation: Ein gezielter, schrittweiser und geplanter Neuanfang. Und nicht zu vergessen: gleichzeitig an die Aufforstung denken!
Als Berater und Begleiter die Zuversicht zu behalten, fällt nicht immer leicht. Und trotzdem – und das stimmt mich wiederum positiv – haben noch alle Unternehmer, ausnahmslos, schlussendlich den Mut gefasst, und den Kontakt wieder aktiv gesucht. Schlussendlich haben sie, etappiert, einen Baum nach dem anderen identifiziert und in die nötige Form gebracht.
Die Standortbestimmung ist der erste Schritt. Persönlich vertrete ich die Auffassung, dass die Dinge an einem Tag X bewusst angesprochen und auf den Tisch gebracht werden müssen. Nur wenn alle Informationen vorliegen, kann ein ganzheitliches Konzept erstellt werden, um den notwendigen Entwicklungsprozess zu gestalten. Entwicklungsprozess bedeutet, dass über Monate oder gar Jahre das Dickicht bearbeitet wird und der Entwicklungsstand immer wieder neu beurteilt wird. Es braucht Mut, den ganzen Wald genau zu studieren. Aber der Bulldozer ist in der Regel nicht die geeignete Strategie.